Durch das Bruchsteinmauerwerk des Kirchturms und des Schiffs stellt sich die Kirche zu Affoldern dem unvoreingenommenen Betrachter wie aus einem Guß dar. Das ist aber nicht der Fall, zwischen den Entstehungszeiten beider Gebäudeteile liegen Jahrhunderte. Als gotischer Wehrturm angelegt stammt der Turm mit seinen charakteristischen Wichhäusern aus der Zeit um 1300. Welcher Art das erste Kirchengebäude war, bleibt im Dunkeln.
1754 bis 59 wurde unter dem späterem waldeckischen Baudirektor, dem Ingenieur-Leutnant Mathias Kitz, ein neues Kirchenschiff gebaut. Das Material war roter Bruchstein und stammte von dem abgebrochenen Johanniterhospital nördlich unterhalb von Nieder Wildungen.
Der Innenraum war ein barocker, rechteckiger, ungegliederter Saal mit Eingängen in der West- und Nordseite, mit drei rundbogigen Fenstern auf der Süd- und einem auf der Nordseite. Die Nord- und Westseite hatten über den Eingängen noch jeweils ein langrundes Fenster. Im Inneren besaß er eine Decke aus einem rundbogigen Muldengewölbe, das, wie die Wände, verputzt und bemalt war. Nördlich und westlich waren Emporen eingebaut. Über die nördliche gelangte man in die Obergeschosse des Kirchturms, während auf der westlichen die Orgel stand. Diese war 1778 vom Orgelbaumeister Bornemann erbaut und 1913/14 von der Orgelbaufirma Vogt in Korbach mit einem neuen Werk versehen.
Der Chor, vermutlich aus der gleichen Zeit wie der Turm um 1300, war gotisch, besaß nach außen 4 kleine, spitzbogige Fenster, die nur spärlich Licht einließen und das Innere düster machten. Diese Kombination, barockes Schiff - gotischer Chor war im Waldeckischen einmalig. Bei der Wasserkatastrophe vom 17. Mai 1943 wurden Chor und Schiff schwer beschädigt und 1943/44 abgebrochen. Ebenfalls befand sich in der Kirche eine schöne, barocke, hölzerne Kanzel auf gedrehter Säule und quadratischem Sockel. Die 5 Kanten des achteckigen Korbes waren ebenfalls gedreht. Ihrer Zerstörung in 1943 haben die Affolderner lange nachgetrauert.
Beim "Einzug" der Amerikaner am Kriegsende wurde der Turmhelm am 30. März 1945 in Brand geschossen, wobei die einzige verbliebene Glocke von 1411 schmolz und herab stürzte.
Nach Kriegsende machte die Gemeinde sich bald über einen Neuaufbau Gedanken und der Kirchenvorstand faßte am 3. Nov. 1946 einstimmig den Beschluss, dass die Kirche wieder am alten Platz und möglichst in der alten Form wieder aufgebaut werden sollte. Es vergingen Jahre über Planung , Finanzierung , Materialbeschaffung und die Entscheidungsfindung ob mit dem Turm oder dem Schiff begonnen werden soll. Die Entscheidung fiel auf einer ersten grundlegenden Baubesprechung am 31. März 1950 zugunsten des Schiffs. Dann ging es zügig voran. Am 4. Aug. 1950 war Grundsteinlegung und am 18. Nov. Richtfest. Im Dezember war das Dach mit "Deutscher Hohlziegel" gedeckt. Am 18. März 1951 war das Dach des Chors gerichtet. Am 17. Mai 1951 fand ein erster Gottesdienst, dieser zum Gedenken an die Opfer der Edersee- Katastrophe, statt. Im Juli wurde der Altar errichtet. Die Altarplatte ist ein Geschenk der Kirchengemeinde Giflitz, die Errichtung des Altars hat die Kirchengemeinde Mehlen bezahlt. Im November waren am 16. die Steinmetzarbeiten an den Tür- und Fensterlaibungen beendet und ab dem 22. wurde die Verglasung eingesetzt. Im Januar 1952 bestellte man die Kirchenbänke. Im Februar war das Rundfenster über der Empore, gestiftet von der Kirchengemeinde Buhlen, fertig und Anfang Mai wurde der Bogen, der die Apsis vom Kirchenraum trennt, ausgemalt. Am 17. Mai 1952, 9 Jahre nach der Zerstörung, nahm Bischof D. Adolf Wüstemann von der Ev. Landeskirche Kurhessen - Waldeck die Einweihung vor. Nach der Bauendabrechnung mit 31. Dez. 1952 hatte das gesamte Unternehmen `Bau des Kirchenschiffs´ 54 235,06 DM gekostet.
Ein Gerümpelhaufen war nach der Wasserkatastrophe die oben erwähnte alte Orgel, so daß eine komplett neue beschafft werden mußte. Im Juli 1952 wurde die Orgelbaufirma Bosch in Sandershausen bei Kassel mit dem Neubau beauftragt. 1953 war sie fertig und wurde am 12. April in Dienst gestellt. Die Disposition besteht aus 4 Manualen und 2 Pedalen. Das Ende des Kirchenbaus war mit der Wiedererichtung des Turmhelms erreicht. Zwar hatte man im Februar 1951 die Risse in der Nord- und Südwand des Turms mittels Torkretierungsverfahren verpresst und den Turm oben mit einem Stahlbetonkranz zu versehen. Bis heute haben sich diese Maßnahmen bewährt. Am 19.Okt. 1953 war mit dem Aufsetzen der Turmbekrönung, bestehend aus einer hohlen Messingkugel, die Dokumente beinhaltet, dem Kreuz und dem Hahn, der Wiederaufbau beendet.
Pfarrer Klemens Blum
Kasseler Straße 8
34549 Edertal
05623/1203